Dr. David Leisch, MBA, CMC


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Reorganisation? Sanierung? Insolvenz? Bahnhof?

Unter diesen Begriffen verstehen viele Kreative oftmals „einfach nur Bahnhof“. Trotzdem sollte man sich rechtzeitig mit den Themen auseinandersetzen. Oft sind sich Unternehmer (nicht nur in der Kreativwirtschaft) gar nicht bewusst, welche Folgen die Verdrängung dieser Materie nach sich ziehen kann.

Jeder „Häuslbauer“ oder Hauseigentümer kennt das: Ist man erst einmal stolzer Hausbesitzer, beginnen die laufenden Arbeiten. Dort Dichtungen ausbessern, da etwas neu streichen und warten – ständig gibt es Handgriffe, die notwendig sind, um das Haus in Schuss zu halten. Werden diese Wartungsarbeiten nicht regelmäßig durchgeführt, verfällt das Haus und die Substanz wird schrittweise angegriffen. So ähnlich verhält es sich mit einem Unternehmen. Auch dieses sollte regelmäßig gewartet werden, es sind immer wieder Korrekturen und Verbesserungen notwendig. Werden diese Wartungsarbeiten nicht laufend durchgeführt, wird eine Reorganisation oder gar eine Sanierung notwendig, um den Turnaround zu schaffen.

Reorganisation: die Neugliederung innerbetrieblicher Strukturen und Prozesse
Eine Reorganisation geht über das Ausmaß laufender Anpassungen und Verbesserungen hinaus. Möglicherweise wurde eine solche nötig, weil diese laufenden, kleineren Korrekturen nicht vorgenommen wurden – oder man verdankt dies ausschließlich äußeren Umständen.  Ziel einer Reorganisation ist grundsätzlich, künftige Verluste zu vermeiden, Gewinne bzw. Umsätze zu verbessern und eine zukunftsträchtige Positionierung des Unternehmens zu gewährleisten. Der Prozess kann unterschiedlichste Schritte umfassen, z. B. die Neugestaltung von Geschäftsprozessen und betrieblichen Strukturen, eine Änderung der Marktausrichtung oder des Produktspektrums, möglicherweise die Implementierung eines völlig neuen Geschäftsmodells oder die Änderung der Rechtsform. Es geht also darum, eine neue Struktur zu finden, und zwar eine tragfähige.

Die ersten praktischen Schritte in der Unternehmensreorganisation
Zu Beginn sollte man sich externe Hilfe holen. Unter den niederösterreichischen Unternehmensberatern gibt es einige Sanierungs- und Reorganisationsspezialisten. Man sollte bei der Auswahl darauf achten, ob der Berater nur zur Beratung zur Verfügung steht oder ob dieser auch als Vertreter agiert. Das Gewerberecht unterstützt diese Vorgehensweise. Zuerst analysiert man den Ist-Stand. Dabei werden alle Bereiche des Unternehmens beleuchtet und ein Maßnahmenplan erarbeitet. Ein guter Berater unterstützt bei der Umsetzung des Plans.

Maßnahmenplan erarbeitet. Ein guter Berater unterstützt bei der Umsetzung des Plans.

Häufig erkennt man in der Analyse, dass zu hohe Kosten verursacht werden. Was kann man reduzieren und kündigen? Hat man die monatlichen Kosten fest im Blick? Viele kleine Beträge (Abos, monatliche Verträge usw.) summieren sich oft zu einem großen Fixkostenblock. Was kann man kündigen? Was kann man selber machen und dadurch einsparen? Viele Fragen, die sich daraus ergeben. Oftmals ist auch das innerbetriebliche Abrechnungs- und Mahnwesen zu optimieren. Die eigene Liquidität wird oft durch säumige Zahler beschnitten und so kommt man leicht in Zahlungsschwierigkeiten. Ein Teufelskreis.

Wenn das Unternehmen Heilung braucht
Welche Möglichkeiten der Sanierung gibt es? Die gängigen Modelle sind die außergerichtlichen Verhandlungen und die Sanierung am Gericht. Bei den außergerichtlichen Verhandlungen verhandelt man mit Gläubigern über verschiedene Szenarien. Die Palette reicht von mittel- und langfristigen Ratenvereinbarungen über die einvernehmliche Auflösung von Verträgen innerhalb der Laufzeit bis hin zu Nachlässen und Abschlagszahlungen. Vor allem Abschlagszahlungen sind ein gutes Mittel zur Sanierung, solange noch ausreichend liquide Mittel (Geld) vorhanden sind. Im Regelfall wissen davon nur die Vertragspartner und eventuell der Vertreter, der die Verhandlung führt. Oftmals ist dies eine gesichtswahrende Variante, die in Summe weit günstiger kommt als ein langwieriger Rechtsstreit oder letztendlich eine Insolvenz.

Nicht mit jedem Gläubiger kann man „alles“ ausmachen.

Gerade im außergerichtlichen Bereich ist aber auch Vorsicht geboten. Nicht mit jedem Gläubiger kann man „alles“ ausmachen. Gesundheitskasse, Finanzamt und SVS haben eigene gesetzliche Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Hier ist es schwierig, langfristige Ratenzusagen zu bekommen oder so gut wie unmöglich, Forderungsverzichte zu vereinbaren. Gesetzliche Regelungen zu den Themen Gläubigerbevorzugung, Konkursverschleppung und andere müssen beachtet werden. Die Meinung eines unabhängigen Beraters kann vor schwerwiegenden Problemen schützen.

Was tun, wenn es zum Äußersten kommt?
Im gerichtlichen Verfahren gibt es verschiedene Möglichkeiten. Stellt man rechtzeitig selbst einen Insolvenzantrag? Welches Verfahren ist das passende? Welche Unterlagen muss ich vorbereiten? Wer kann mir helfen? Einen Insolvenzantrag muss ein Unternehmer binnen 60 Tagen (während „Corona“ binnen 120 Tagen) stellen, ab der Erkenntnis, dass er überschuldet und zahlungsunfähig ist. Das sind betriebswirtschaftlich genormte Sachverhalte, es liegt also nicht im Ermessen des Einzelnen. Für Unternehmer ist das jeweilige Landesgericht zuständig. Hier kann ein Antrag auf Insolvenzeröffnung samt Anhängen wie Vermögensverzeichnis, Aufstellung der Forderungen und Verbindlichkeiten, Adressen der Gläubiger und sonstigen Unterlagen eingereicht werden.

Einen Konkurs muss man sich leisten können.

Anträge stellen können auch Gläubiger, das Gericht ist dann verpflichtet, der Sache nachzugehen. Es reicht in dem Fall nicht mehr, eine Lösung mit dem einzelnen Gläubiger zu finden. Es muss eine Lösung für alle Gläubiger gefunden werden, ohne einzelne Gläubiger zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Eine schwierige Sache. Landesgerichtsverfahren sind teuer. Was bedeutet das? Ein Unternehmer muss glaubhaft machen, dass ausreichend Vermögen vorhanden ist für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Im Regelfall werden mindestens 4.000 Euro notwendig sein, um die Kosten auch nur annähernd zu decken. Das Gericht schreibt dem Antragsteller diese Summe vor, falls nicht ohnehin klar ist, dass die Mittel in bar oder werthaltigem Anlagevermögen vorhanden sind. Was passiert, wenn unser Unternehmer nun diese Mittel nicht flüssig hat? Das Insolvenzgericht wird den Antrag auf Eröffnung der Insolvenz ablehnen. Das hört sich zwar gut an, ist in der Praxis aber schlecht. Dieser Tatbestand gilt als Gewerbeausschlussgrund und in der Praxis ist dann die Ausübung eines Gewerbes für mindestens drei Jahre nicht möglich. Oftmals bringen in dem Fall Gläubiger auch Strafanzeigen ein. Wird die Insolvenz am Landesgericht nun eröffnet, wird vom Gericht ein Masseverwalter be-stellt. Ab sofort übernimmt dieser „das Ruder“.

Welche Möglichkeiten gibt es im Insolvenzverfahren?
Man kann z. B. einen Sanierungsplan beantragen. Das bedeutet, dass man seinen Gläubigern mindestens 20 Prozent aller Schulden zur Zahlung binnen zwei Jahren anbietet. Nur im Fall des Sanierungsplans geht es mit dem Unternehmen auch weiter. Dazu ist Vorbereitung notwendig. Das Verfahren kann acht bis 14 Monate dauern, teilweise länger. In dieser Zeit muss immer positiv gewirtschaftet werden (es müssen also immer Gewinne geschrieben werden). Die Kunst ist, die Banken zu überzeugen, weiter an das Unternehmen zu glauben und den Masseverwalter zu gewinnen, das Unternehmen fortzuführen. Masseverwalter haften mit dem persönlichen Vermögen. Sie sind also naturgemäß daran interessiert, das eigene Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Sollte ein Sanierungsplan nicht gewollt sein oder unterstützt werden, so wird das Unternehmen geschlossen und alle Assets (Werte) werden verkauft. Dies passiert meist im Zuge eines Verkaufs in Bausch und Bogen an ein Versteigerungshaus. Die Verwertungserlöse sind meist gering. Wesentlich dabei ist, dass alle Assets des Unternehmers, wenn er Einzelunternehmer ist und damit mit seinem gesamten Vermögen haftet, verwertet werden. Besonders bei Besitz (z. B. Anteil am Einfamilienhaus, Eigentumswohnung, Kfz im Eigentum usw.) führt das oft zu Tragödien, da eben alles verkauft werden muss. Ist nun „zusammengeräumt“, also das Unternehmen geschlossen, die Verträge gekündigt, das verbliebene Vermögen verwertet und die restlichen Forderungen eingebracht, so kann ein Zahlungsplan angeboten werden.

Der Zahlungsplan als Möglichkeit der Entschuldung
Alternativ zum (oder statt dem) Sanierungsplan gibt es die Möglichkeit des Zahlungsplans. Für das Angebot und die Berechnung werden zumindest die abschöpfbaren Summen der nächsten fünf Jahre zusammengerechnet und auf eine Zahlung von fünf bis sieben Jahren angeboten. Ein Rechenbeispiel: Kann ein ehemaliger Unternehmer als Angestellter rund 2.000 Euro netto pro Monat verdienen und hat er eine Unterhaltsverpflichtung (also ein Kind), so beträgt das gesetzlich geregelte „Existenzminimum“ ca. 1.520 Euro.

Es können in dem Beispiel also pro Monat rund 480 Euro gepfändet werden. In fünf Jahren bedeutet dies eine theoretisch mögliche Pfändung von insgesamt rund 29.000 Euro. Ein Zahlungsplan müsste nun (je nach persönlicher Situation, Alter, Ausbildung usw.) bei rund 30.000 Euro liegen, um für die Gläubiger interessant zu sein. Eine solche Zahlung kann dann mit Halbjahres- oder Jahresraten für bis zu sieben Jahre angeboten werden. Findet ein solcher Zahlungsplan keine Gläubigermehrheit (Kopf- und Summenmehrheit ist notwendig!), so kann ein Abschöpfungsverfahren beantragt werden.

Nach Abschluss des Verfahrens ist man sofort frei.

Das bedeutet, dass man innerhalb von fünf Jahren auf das Existenzminimum gepfändet wird, oftmals keiner selbstständigen Tätigkeit nachgehen kann und gezwungen ist, eine unselbstständige Tätigkeit anzunehmen. Die Restschuldbefreiung bei einem Abschöpfungsverfahren wird nur erteilt, wenn ein gewisses Wohlverhalten zu erkennen ist. Dazu zählt unter anderem die Verpflichtung, sich aktiv um einen Vollzeit-Job umzuschauen. In der Rechtsliteratur geht man in dem Fall von drei bis vier nachweislichen Bewerbungen pro Woche (!) aus. Keine rosigen Aussichten also. Ein Zahlungsplan wäre daher in jedem Fall angeraten. Damit ist man nach Abschluss des Verfahrens sofort frei und muss sich „nur“ um die rechtzeitige Zahlung der vereinbarten Quoten kümmern. Kann sich der Unternehmer nun kein solch teures Verfahren am Landesgericht leisten, so kann dieser, wenn es rechtzeitig geplant und umgesetzt wird, auch anders vorgehen. Möglich ist z. B. für natürliche Personen, das Gewerbe zu beenden (Abmeldung) und anschließend ein Schuldenregulierungsverfahren am Bezirksgericht zu beantragen – der umgangssprachlich bekannte Privatkonkurs. Dies ist wesentlich günstiger als ein Landesgerichtsverfahren. Aber nicht in allen Fällen ist es möglich, so vorzugehen. Auch hier sind Vorbereitung und Beratung ein wesentlicher Faktor.

Dr. David Leisch ist Unternehmensberater in Erlauf und Wien. Seine Spezialisierung liegt bei  der Sanierung und Vertretung von Unternehmen in schwierigen wirtschaftlichen Lagen. Er spricht die Sprache seiner Kunden und bietet so praxisnahe Lösungsansätze. Seine Beratung kann zum Teil auch finanziell gefördert werden.

Foto: iStock.com/andresr

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