Mag. Markus Mayer

Nusterer Mayer Partner Rechtsanwälte OG

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Rechtslage: offene Daten

In der Werbebranche ist es mittlerweile ein Dauerbrenner, dass Kunden bzw. Auftraggeber von Designleistungen den Designer, Gestalter bzw. Video- und Fotografen ersuchen, die Dateien herauszugeben. Die Frage, die sich für den Designer, Gestalter etc. – in Folge kurz Auftragnehmer – natürlich aufdrängt, ist: Hat der Auftraggeber Anspruch auf die Daten?

Diese Frage ist im Wesentlichen anhand des österreichischen Urheberrechts zu beantworten. Das Urheberrecht ist ein subjektives und absolutes Recht an einer geistigen Schöpfung – dem sogenannten Werk. Es gewährt dem Urheber ein unteilbares, unverzichtbares und unveräußerliches Bündel von ausschließlichen Rechten, welche dem Schutz der Schöpferpersönlichkeit, der Verwertung des Werkes sowie dem Schutz der Verwertungsmöglichkeit dienen.

Für sich alleine betrachtet bedeutet dies, dass der Auftragnehmer als „Schöpfer“ eines Werkes an und für sich der „Herrscher“ über seine Schöpfung ist. Natürlich ist dies auch nicht im Sinn des Erfinders, schließlich will der Auftragnehmer das von ihm erstellte Werk so lukrativ wie möglich an den Auftraggeber bringen.
Es ist daher vorab zu hinterfragen, ob die seitens des Auftraggebers gewünschten Leistungen – sei es die Erstellung eines Werbeslogans oder von Grafikleistungen überhaupt – dem „Werkbegriff“ des Urheberrechts unterfallen.

Urheberrecht regelt die Ansprüche

Schutzgegenstand des Urheberrechts sind „eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst“. Die dem Werk zugrunde liegende, noch nicht umgesetzte Idee als solche (also der Wunsch des Kunden), ist noch nicht schutzfähig. Erst durch die konkrete Ausgestaltung und sinnlich wahrnehmbare Ausdrucksform – der ein persönlicher Denkprozess des Auftragnehmers zugrunde liegt – wird die Idee zum Werk. Kurz gesagt, durch die grafische bzw. textliche Umsetzung einer Werbeidee entsteht ein Werk.
Der Urheber kann, muss aber nicht, das Werk verwerten. Diesbezüglich räumt das Urheberecht dem Urheber (Auftragnehmer) verschiedene Möglichkeiten ein.

Welche Rechte können übertragen werden?
Unter der Verwertung des Werkes im engeren Sinn versteht das Urheberrecht nicht die „Übertragung“ des Urheberrechts, sondern nachfolgende Rechte (die grundsätzlich dem Urheber zustehen):

  • das Vervielfältigungsrecht
  • das Verbreitungsrecht
  • das Bearbeitungs- und Übersetzungsrecht− das Recht der ersten Inhaltsangabe
  • das Vermiet- und Verleihrecht
  • das Folgerecht
  • das Senderecht
  • das Recht der öffentlichen Wiedergabe− das Zurverfügungstellungsrecht

Der Urheber hat eine Vielzahl an Möglichkeiten, mit seinem Werk zu disponieren, es muss jedoch auf die korrekte vertragliche Ausgestaltung geachtet werden. Das Urheberrecht an einem Werk ist gemäß § 23 Abs 3 UrhG grundsätzlich unter lebenden Personen nicht übertragbar. Der Urheber kann anderen Personen aber Rechte zur Benutzung des Werkes einräumen. Diesbezüglich besteht die Möglichkeit der Einräumung eines exklusiven Werknutzungsrechtes oder einer nicht ausschließlichen Werknutzungsbewilligung.

Unterschiede Werknutzungsrecht oder -bewilligung?
Der Urheber kann Dritten – im konkreten Fall den Kunden – mittels Urheberrechtsvertrag (bzw. „Lizenzvertrag“) Werknutzungsrechte bzw. Werknutzungsbewilligungen einräumen. Diesbezüglich ist jedoch natürlich vertraglich genau festzulegen, welche Rechte dem Kunden eingeräumt werden.

Beim Werknutzungsrecht ist vertraglich zu definieren, in welchem Rahmen der oben genannten Verwertungsmöglichkeiten der Kunde das ausschließliche Recht zur Nutzung des Werkes hat. Der Auftraggeber hat im Rahmen des eingeräumten Werknutzungsrechtes schlussendlich gegenüber jedermann – also selbst dem Urheber – exklusiv die Möglichkeit, selbiges durchzusetzen. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die vom Urheber mittels Urheberrechtsvertrag eingeräumten Werknutzungsrechte übertragbar sind. Der Werknutzungsberechtigte darf daher über das eingeräumte Werknutzungsrecht selbst verfügen, wobei diese Übertragung wiederum dem Urheber mitzuteilen ist. Die Mitteilung ist deshalb notwendig, da der Urheber einer Übertragung des Werknutzungsrechtes aus wichtigem Grund widersprechen kann.

Die Werknutzungsbewilligung ist schwächer. Durch sie hat der Kunde nur den Anspruch, dass er das Werk nutzen darf, also dass der Urheber von seinen eigentlichen Urheberrechten gegenüber dem Kunden – freilich nur im vertraglich eingeräumten Rahmen – keinen Gebrauch macht.

Vervielfältigungsrecht bzw. Bearbeitungsrecht
Wesentlich ist, dass jeweils vertraglich mit dem Kunden exakt zu definieren ist, ob dieser z. B. ein exklusives Vervielfältigungsrecht bzw. Bearbeitungsrecht etc. hat. Durch diese exakte vertragliche Abgrenzung besteht sowohl für den Auftraggeber als auch Auftragnehmer Rechtssicherheit darüber, ob und in welcher Form überhaupt eine Nutzung des ursprünglichen Werkes bzw. eines allenfalls bearbeiteten Werkes möglich ist. Gerade das Thema des Bearbeitungsrechtes sorgt hier für viele Abgrenzungsschwierigkeiten.

Grundsätzlich steht das Recht zur Bearbeitung bzw. Übersetzung eines konkreten Werkes gemäß § 14 Abs 2 UrhG ausschließlich dem Urheber zu. Ein Dritter, der das eigentliche Werk bearbeiten oder übersetzen will, also selbst zum Urheber einer Übersetzung oder einer anderen Bearbeitung werden will, darf diese nur verwerten, soweit ihm der Urheber des bearbeiteten Werkes das ausschließliche Recht oder die Bewilligung dazu (Bearbeitungs- oder Übersetzungsrecht) erteilt.

Bearbeiterurheberrecht
Dieses vom eigentlichen Urheber einzuräumende Werknutzungsrecht bzw. eine Werknutzungsbewilligung in Form eines Bearbeiterurheberrechts führt deshalb oft zu Abgrenzungsschwierigkeiten, da allenfalls durch die gänzliche Weiterbearbeitung bzw. Verarbeitung eines Werkes durchaus eine Neuschöpfung entstehen kann. Im Fall der Neuschöpfung ist natürlich kein Bearbeitungsrecht vom eigentlichen Urheber notwendig, sondern es entsteht vielmehr ein neues Urheberrecht. Um hier allenfalls eventuellen Schwierigkeiten in Form von Unterlassungsansprüchen bzw. Schadenersatzforderungen durch den eigentlichen Urheber aus dem Weg zu gehen, ist es immer am sinnvollsten, vor einer Be- bzw. Verarbeitung eines Werkes mit dem ursprünglichen Urheber in Kontakt zu treten und einen Werknutzungsvertrag über die Bearbeitung und allenfalls einer anderen Form der Verwertung abzuschließen. Sofern ein Kunde also allenfalls eine andere Agentur mit der Weiterbearbeitung beauftragen will, ist es am zielführendsten, dass der Kunde mit der ursprünglichen Agentur (also dem Urheber) einen Vertrag über die Einräumung eines Werknutzungsrechtes zur Bearbeitung und zur Vervielfältigung bzw. Verbreitung abschließt, von dem natürlich die Weitergabe an Dritte mitumfasst ist. Dadurch kann der Kunde eine weitere Agentur mit der Modifikation beauftragen, ohne dass es zu Schwierigkeiten kommt.

Schad- und Klagloserklärung durch den Kunden
Wichtig ist, dass die alte Agentur bzw. der eigentliche Urheber die zu bearbeitenden Daten bzw. bearbeitungsfähigen Dateien (offene Daten) erst dann herausgeben muss, wenn ein Vertrag über ein Vervielfältigungs- bzw. Bearbeitungsrecht abgeschlossen wurde. Wesentlich für die neue Agentur ist, dass diese bei Übernahme von ursprünglichen Werken – jedenfalls beim Kunden hinterfragen sollte, ob diesem auch ein Bearbeitungsrecht eingeräumt wurde bzw. sollte diesbezüglich eine entsprechende Schad- und Klagloserklärung vom Kunden gegenüber der neuen Agentur abgegeben werden. Im schlechtesten Fall wäre sonst die neue Agentur bei einer nicht zulässigen Weiterbearbeitung mit Ansprüchen des ursprünglichen Urhebers konfrontiert.

Das Bearbeitungsrecht umfasst per se – außer es wurde vertraglich vereinbart – nicht die Herausgabe von Entwurfsdaten durch den Urheber. Dem Werknutzungsberechtigten wird jeweils nur die Möglichkeit eingeräumt, das ursprüngliche Werk des  Urhebers – also das „Endprodukt“ der geistigen Schöpfung – weiterzubearbeiten.

Mitarbeiter und Urheberrecht
Wie verhält es sich mit Mitarbeitern in einer Agentur? Schließlich kann jeder dieser Mitarbeiter der Urheber von Werken sein. Die Frage, die sich aufdrängt, ist: Kommt dem Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer im Zuge seiner beruflichen Tätigkeit eine Werkleistung erbringt, automatisch das Urheberrecht zu? Einfach formuliert: Nein – außer es wurde zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer so vereinbart.Bei einem Arbeitsverhältnis und der Frage der Werknutzung sind sowohl das Urheber- und auch das Arbeitsrecht zu beachten. Der Arbeitnehmer ist normalerweise der Urheber des von ihm im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit geschaffenen Werkes. Es ergibt sich aber aus der im Arbeitsrecht inhärenten Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein exklusives Werknutzungs- und Verwertungsrecht am dienstlich geschaffenen Werk eingeräumt hat. Dies gilt ebenso für den Fall, dass im Dienstvertrag selbiges nicht explizit vereinbart wurde. Ungeachtet dessen erscheint es natürlich sinnvoller, wenn sich ein entsprechender Passus im Dienstvertrag findet. Insbesondere sollte im Dienstvertrag hinsichtlich des Urheberrechtes (bzw. des Werknutzungsrechtes an der geistigen Schöpfung des Dienstnehmers) eine entsprechende Regelung über den Umfang und die Dauer der Werknutzungsrechte getroffen werden. Mit einer klaren vertraglichen Regelung über dienstlich geschaffene Werke wird Rechtssicherheit für beide Parteien nach Beendigung des Dienstverhältnisses bzw. Unternehmensumstrukturierungen geschaffen.

Wichtig ist, dass die Agentur bzw. der eigentliche Urheber die zu bearbeitenden Daten bzw. bearbeitungsfähigen Dateien (offene Daten) erst dann herausgeben muss, wenn ein Vertrag über ein Vervielfältigungs- bzw. Bearbeitungsrecht abgeschlossen wurde.

Foto: iStock.com/littlehenrabi

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