Gutschein für eine Reise nach Brüssel …
In diesem Artikel gehe ich auf das Thema Gutscheine ein. Es ist nicht ganz so einfach. Erfahren Sie, warum ein Gutschein, auf dem „Gutschein“ draufsteht, manchmal gar kein Gutschein ist. Habe ich Sie jetzt verwirrt? Gut so!
Beliebt und bewährt sind Gutscheine. Aber Vorsicht: Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht …
Einkommen- oder Körperschaftsteuer
Ein Kaufgutschein, also ein Gutschein, der entgeltlich vom Unternehmer ausgegeben wird (z. B. Gutschein über 100 Euro von XY GmbH St. Pölten), stellt ertragsteuerlich eine Verbindlichkeit dar. Diese ist mit dem Erfüllungsbetrag (= Wert des Gutscheins, wenn in Euro) zu bewerten. Um diese Bewertung am Bilanzstichtag möglich zu machen, empfiehlt der Steuerberater mit dem guten Kaffee, dass Sie genaue Aufzeichnungen über (verkaufte) Gutscheine führen sollten. Wenn Sie in dieser Aufzeichnung auch noch mitprotokollieren, wann der Gutschein eingelöst wird oder seine Gültigkeit verliert, haben Sie schon fast gewonnen. Wenn Sie eine Registrierkasse haben, dann sollte diese die Gutscheinverrechnung führen können.
Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht …
Gültigkeit von Gutscheinen
Kaufgutscheine verjähren, wenn nichts anderes vereinbart wurde, in der Regel nach 30 Jahren. Wenn triftige Gründe dafürsprechen, ist eine Verkürzung der Verjährungsfrist laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) möglich. Wobei der OGH einschränkt: „Je kürzer die Befristung, desto triftiger der Grund.“
Gratisgutscheine mit Rabattversprechen kennt jeder, der hin und wieder Radio hört. Zumeist sind es Möbelhäuser, die mit 20 Prozent Rabatt auf einen Artikel der Wahl bei einem Einkauf von mindestens 100 Euro werben. Diese Versprechen sind in der Bilanz gar nicht darstellbar, da sie ja nur einen zukünftigen Erlös schmälern.
Gratisgutscheine ohne Rabattversprechen sind in erster Linie dazu da, Kunden ins Geschäft zu locken. Der Gutschein für eine Tasse Kaffee bei Ihrem nächsten Besuch stellt wiederum eine Verbindlichkeit dar, da angenommen wird, dass alle ausgegebenen Gutscheine auch eingelöst werden. Gratisgutscheine mit Rabattversprechen sind in der Bilanz nicht darstellbar.
Einfacher für Einnahmen-/Ausgabenrechner
Kaufgutscheine werden zum Zeitpunkt der Einlösung gewinnwirksam, Gratisgutscheine mit Rabattversprechen mindern den Erlös, Gutscheine ohne Rabattversprechen verändern den Wareneinkauf bzw. den Aufschlag. Viel spannender wird’s aber jetzt in der Umsatzsteuer; nehmen Sie sich noch einen Schluck Kaffee, auf geht die Reise nach Brüssel und in die unergründlichen Tiefen der EU.
Achtung bei der Umsatzsteuer
Ein Gutschein, im Sinne des Artikels 30 a der Mehrwertsteuerrichtlinie, ist ein Instrument, das den Unternehmer verpflichtet, dieses als Gegenleistung oder Teil einer Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen. Auf dem Gutschein oder in damit zusammenhängenden Unterlagen muss Folgendes angegeben werden: die zu erbringende Leistung oder die Identität des Unternehmers oder der leistenden Unternehmer und die Einlösungsbedingungen.
Wollen Sie noch einen Kaffee oder brauchen Sie jetzt etwas Härteres? Bei einem Einzweck-Gutschein stehen zusätzlich zu den obengenannten Inhalten auch noch der Ort der Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, sowie die dafür geschuldete Umsatzsteuer fest. Für diese Einzweck-Gutscheine wird die Mehrwertsteuer schon mit dem Verkauf des Gutscheins geschuldet, und zwar unabhängig davon, ob der Gutschein später eingelöst wird oder nicht. Entscheidend ist nur, dass der leistende Unternehmer, die Lieferung oder Leistung, die Einlösebedingungen (insbesondere eine Befristung), der Ort der Leistung sowie die Höhe der Mehrwertsteuer feststehen. Die Mehrwertsteuer muss nicht ausgewiesen sein. Es wäre ausreichend, wenn der Gutscheinaussteller beispielsweise nur 20-prozentige Umsätze erbringt. Die nächsten Gutscheine auf unserer Tour sind die Mehrzweck-Gutscheine, die vereinfacht gesagt all jene Gutscheine sind, die keine Einzweck-Gutscheine sind. Ihnen fehlt es zumeist an der Feststellbarkeit der Höhe der Mehrwertsteuer oder der Ort der Leistung ist noch nicht sicher. Bei Mehrwert-Gutscheinen entsteht die Mehrwertsteuerschuld erst mit Einlösung des Gutscheins, weil dann die Höhe der Mehrwertsteuer und der Ort sicher feststehen.
Gutscheine, die gar keine sind
Haben Sie geglaubt, die Reise ist schon zu Ende? Nein! Es gibt noch weitere Gutscheine, die aber nach Ansicht der EU-Richtlinie gar keine sind. Gutscheine, die keine Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung darstellen, sondern nur einen Preisnachlass versprechen, gelten nicht als Gutschein im engeren Sinn. Sie ziehen keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen nach sich.
Manchmal ist ein Gutschein, auf dem „Gutschein“ steht, gar keiner.
Spezialitäten
Damit endet unsere Reise nach Brüssel mit noch ein paar Spezialitäten. Sollten Sie eine Rechnung über den Verkauf eines Einzweck-Gutscheins schreiben, dann muss diese ohne Umsatzsteuer ausgestellt werden, da ja der Gutschein selbst die Mehrwertsteuer auslöst. Steht auf der Rechnung nochmal die Umsatzsteuer, schulden Sie diese kraft Rechnungslegung doppelt! Der Steuerberater mit dem guten Kaffee rät: Seien Sie bei der Ausstellung von Gutscheinen vorsichtig. Wenn Ihre Registrierkasse keine Gutscheinverrechnung kann oder Sie keine Kasse haben, lassen Sie sich bitte dringend beraten. Denn die von Ihnen ausgestellten Gutscheine müssen richtig sein und entsprechend richtig verbucht werden.
Sie finden Abbildungen der beschriebenen Gutscheine in der Werbemonitor-Ausgabe 03/2019 (Seite 18).
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