Darf’s ein bisserl mehr sein?
Es gibt eine sichtbare Kluft in der Preiswahrnehmung zwischen Auftraggeber und Werbedienstleister. Das ist so weit nichts Neues. Hinzu kommt, dass sich so mancher keine richtigen Gedanken über seine Preise macht und diese nicht argumentieren kann. Denn eine beliebte Praxis bei der Preisgestaltung ist es, auf jene des Mitbewerbs zu schielen und nach dem Motto „mix und match“ vorzugehen. Was sind übliche Stundensätze in der niederösterreichischen Werbebranche? Wie kann man seinen Preis glaubwürdig vertreten? Wie hilft die eigene Positionierung bei der Preisforderung?
Im letzten Werbemonitor (WM01/2020) ging es um Orientierungshilfen für Kunden, um den richtigen Werbepartner zu finden. Basierend auf den Ergebnissen der Branchenstudie der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation haben wir zehn Punkte aufgelistet, die ins Gewicht fallen. In diesem Artikel nehmen wir das Preisargument unter die Lupe. Situationen wie diese haben sicher schon viele Kreativbetriebe erlebt: Die Diskussion wird hitzig. Das ist gerade dann der Fall, wenn sich Argumente zwischen Wertigkeit von professioneller Beratung und Dienstleistung und Einwände von günstigen Onlineanbietern und niedrigen Stundensätzen für Werbe- und Kreativdienstleistungen, um die 20 Euro je Stunde, begegnen. Eine betriebswirtschaftliche Annäherung zum Stundensatz würde schnell verdeutlichen, dass derartige Stundenhonorare keinesfalls kostendeckend sind und niemals eine ernsthafte Einkommensgrundlage für einen Vollerwerb darstellen! Umgekehrt werden Stundenhonorare in Höhe von 200 bis 300 Euro ebenso wenig für alle Aufträge und Kunden angemessen sein. Wie schaut es in der Branche aus?
Branchenübliche Stundensätze
Leistungen von Werbeagenturen und Werbedienstleistern kosten in Niederösterreich durchschnittlich zwischen 75 und 100 Euro je Stunde. Das Ranking gereiht nach der Höhe der üblichen Stundenhonorare führen Tätigkeiten im Bereich des Projektmanagements und administrative Tätigkeiten an. Offenbar ist man sich der Tatsache bewusst, dass für Effizienz und fehlerfreie, zielführende Marketingprojekte ein hohes Maß an Branchenkenntnis und Marketingerfahrung vorauszusetzen ist. Dafür sind Auftraggeber in Niederösterreich bereit, den höchsten durchschnittlichen Stundensatz zu akzeptieren. Allerdings kam bei der Branchenstudie auch heraus, dass die durchschnittlichen Stundensätze in vielen Leistungsbereichen aus Sicht der Auftraggeber höher bewertet werden als von den Mitgliedern der Fachgruppe.
Auf den Mitbewerb schielen
Der meistgewählte Zugang zur Preisgestaltung ist ein wettbewerbsorientierter Ansatz. Das ist zwar der einfachste und schnellste Weg zur Preisfindung, für Strategie und Positionierung aber nicht unbedingt der weiseste. Orientiere ich als Dienstleister die Preislatte am vorgegebenen Wert des Wettbewerbsangebots, wird mein Gegenüber meine Leistungen auch am Qualitätsniveau und Kompetenzanspruch des Mitbewerbs messen. Als Entscheidungsgrundlage bleibt hier dem Auftraggeber tatsächlich nur mehr der Preis als kleinster gemeinsamer Nenner. Aber selbst wenn ein Dienstleister sorgfältig seinen Preis kalkuliert, Ausbildung, Erfahrungen und Sicherheiten mit einrechnet, ist er nicht davor gefeit, dass Onlinediskonter, Crowdsourcing-Plattformen oder einfach nur Quereinsteiger oder „Teilzeit-Profis“ seine Angebote unterbieten.
Stundensatz berechnen
Wichtig ist für jeden Unternehmer, seinen Stundensatz zu berechnen. Das hier im Detail aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Steuerberater Dieter Walla hat das in seinem Artikel „Zeit ist Geld! Aber wie viel?“ (https://bit.ly/386Gfy0) beschrieben. Er fasst zusammen, was alles mitzubedenken ist. Bitte kalkulieren Sie für sich den passenden Preis. Zu diesem kommt noch ein wichtiger Faktor hinzu, mit dem Sie Ihre Preisforderung stützen können.
Die eigene Positionierung untermauert die eigene Preisforderung
Die leistungs- und bedarfsorientierte Preisfindung ist jene, welche die tatsächlichen Bedürfnisse – auch immaterielle wie Leistungssicherheit, Qualitätsanspruch – und erwartete Neben- oder Zusatzleistungen wie Leistungsüberprüfbarkeit, Transparenz und Erfolgsmessbarkeit und Gewährleistungen am ehesten berücksichtigt. Spätestens an diesem Punkt wird dem Auftraggeber klar, dass persönliche Verfügbarkeit, Erfahrung und Sicherheiten nicht proportional steigend zum Preisvorteil sein können.
Das Verständnis für Wert und Anspruch einer Leistung entsteht nicht automatisch. Immer wieder taucht die Frage bei Kreativdienstleistern auf, welche Argumente bei Preisverhandlungen und zur Verteidigung der eigenen Preisforderungen ins Rennen geführt werden könnten. Richtig, eine pauschale Antwort als allgemeingültige Lösung solcher Konflikte gibt es nicht. Jeder Dienstleister muss sich seines Wertes selbst bewusst sein, ehe er glaubwürdig seinem Preisverhandlungspartner Paroli bieten kann.
Sieben Schritte, um Ihren Preis glaubwürdig zu vertreten.
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