Redaktion Werbemonitor

Wenn der Werberat „anklopft“ …

Ein Konsument fühlt sich durch eine Werbemaßnahme belästigt, verletzt oder irregeführt. Meistens ist die Empörung groß und die Emotionen kochen hoch. Die Person wendet sich an den Werberat und beschwert sich verbal und schriftlich. Dann wird im nächsten Schritt das werbetreibende Unternehmen kontaktiert, das möglicherweise aus allen Wolken fällt. Was tun, wenn sich der Österreichische Werberat (ÖWR) meldet?

Die Sensibilität der Bevölkerung bei ethischen Fragen ist hoch wie nie zuvor. Umso wichtiger ist ein gut funktionierendes System der Selbstregulierung. Eine der Aufgaben des ÖWR ist es, jeder Beschwerde von Verbrauchern nachzugehen. Diese wird ernst genommen und es wird versucht, das Thema rasch und bestmöglich abzuhandeln. Auf der anderen Seite spiegelt sich bei einer einlangenden Beschwerde die Meinung eines Konsumenten wider – es bedeutet nicht automatisch, dass diese Meinung auch von den Werberäten geteilt wird. Wenn die Beschwerde eingeht, überprüft im ersten Schritt die Geschäftsstelle, ob die Unterlagen vollständig sind und ob der Werberat überhaupt das richtige Ansprechgremium ist. Wenn nicht, werden die Infos je nach Ressort (mit Zustimmung der Beschwerdeführer) u.a. an den Verband für unlauteren Wettbewerb, den Verein für Konsumentenschutz, die Bundesarbeiterkammer oder den PR-Ethik-Rat zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet.

Ist was dran?
Tatsache ist aber auch, dass sehr viele Beschwerden eingehen und nicht alle an die Werberäte weitergeleitet werden können. Die Erfahrung zeigt: An manchen Beschwerden ist einfach zu wenig dran. Oder anders gesagt: Nicht jeder „nackte Körperteil“ ist bereits diskriminierend und verstößt gegen den Ethik-Kodex der österreichischen Werbewirtschaft. Um den Aufwand der ehrenamtlich tätigen Werberäte so gering wie möglich zu halten, kann für solche Fälle ein vorgeschaltetes Gremium, der Kleinen Senat, zur Vorbegutachtung herangezogen werden. Wird die Beschwerde auch von diesem Gremium als offensichtlich unbegründet eingestuft, wird sie abgeschlossen. Wenn die Beschwerde an die Werberäte weitergehen soll, wird der Unternehmer oder die Agentur zu einer Stellungnahme eingeladen. Dem Werberat ist wichtig, dass die Meinung des Unternehmens im Entscheidungsprozess gehört wird. Deshalb wird im ersten Schritt der betroffene Betrieb kontaktiert und um eine schriftliche Stellungnahme zur eingebrachten Beschwerde gebeten. Zeitgleich werden ebenso die AK Wien (Abteilung Konsumentenpolitik) und der Anti-Sexismus-Beirat, wenn es um sexistische Werbung geht, zur Stellungnahme hinzugezogen. Alle haben drei Werktage für die Antwort Zeit.

Was soll in der Stellungnahme des Unternehmens stehen?
Wichtig sind Hintergrundinformationen wie die Idee zur Kampagne, die Idee zur Umsetzung der Kampagne, welche Zielgruppe angesprochen wird und welche Werbemittel (inkl. Reichweiten: lokal/regional/überregional/national) zum Einsatz kommen. Weiters der Werbezeitraum und ganz wichtig: der Bezug zum Ethik-Kodex. Der Werberat empfiehlt, die beanstandeten Punkte durchzulesen und zu argumentieren, vor allem, ob diese nachvollzogen werden können oder nicht. Es gibt eine Frist einzuhalten: Jedes betroffene Unternehmen hat drei Werktage Zeit, die Stellungnahme einzubringen. Wenn es seitens des Unternehmens gewünscht ist, kann die Stellungnahme natürlich von der Agentur verfasst werden, da sie zumeist die Hintergründe und Ideen sehr gut kennt.

Wie geht es weiter?
Danach wird die Stellungnahme des Unternehmens gemeinsam mit der eingebrachten Beschwerde an das Entscheidungsgremium (195 Fachexperten/Werberäte) geschickt, ebenso die Stellungnahme der AK Wien und, wenn passend, vom Anti-Sexismus-Beirat. Die Werberäte haben nun ebenso drei Werktage für ihre Beurteilung Zeit. Wenn das Ergebnis „kein Einschreiten“ lautet, geht die Information an alle Parteien und es erfolgt eine Veröffentlichung auf der Website. Bei der „Aufforderung zur Sensibilisierung“ sollte schon mal die Werbelinie kritisch hinterfragt werden, gilt es doch in Zukunft bei der Gestaltung von Werbemaßnahmen oder einzelner Sujets sensibler vorzugehen. Es werden wieder alle informiert und es gibt eine Veröffentlichung auf der Website. Die sozusagen höchste Stufe ist die „Aufforderung zum Stopp“. In diesen Fällen hat sich die absolute Mehrheit der Werberäte für die Einstellung der Kampagne ausgesprochen. Es werden wieder alle informiert. Der Auftraggeber kann Einspruch gegen die Stopp-Entscheidung erheben. Der Ethik-Senat entscheidet, ob der Einspruch aufrecht bleibt oder nicht. Auf jeden Fall sollte bei einem „Stopp“ das Unternehmen unbedingt das Gespräch mit der Geschäftsstelle suchen. Gemeinsam können Lösungsvarianten erarbeitet und somit zusätzlicher Image- und wirtschaftlicher Schaden verhindert werden. Der Werberat steht aber ohnehin während des gesamten Beschwerdeprozesses für Rückfragen zur Verfügung.  

Service: Pre-Copy-Advice (Vorbegutachtung)
Der Vorabcheck gibt Sicherheit für Kunden, Agentur und/oder Medien, geprüft wird eine noch nicht veröffentlichte Werbemaßnahme anhand des Ethik-Kodex von einem erfahrenen Team. Diese Unterlagen gehen nicht an die Werberäte! Innerhalb von 48 Stunden liegt die schriftliche Einschätzung vor. Der Pre-Copy-Advice erfolgt streng vertraulich und kostet 180 Euro inkl. MwSt.

www.werberat.at

Foto: istock.com/marchmeena29

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